Manchmal findet der Goldschmied bei einem Messebesuch einen Edelstein und sieht vor dem geistigen Auge bereits das fertige Schmuckstück. Genau das ist mir beim Besuch der Intergem im Oktober 2017 passiert. Quasi im Vorbeilaufen habe ich aus dem Augenwinkel bei meinem Lieblings-Opalhändler einen eigentlich eher unscheinbaren Opal gesehen. Aber genau der passte zu meiner Idee eines neuen Anhänger mit Granulation.
Da blieb mir ja nichts anderes übrig, als den Opal mitzunehmen.

Ideenfindung für den Anhänger
In der Werkstatt habe ich seit langem mal wieder eine grobe Skizze für den Anhänger angefertigt. Ich habe mir ein kleines Büchlein angefertigt, in das ich alles wichtige zu einem neuen Stück notieren kann. Ich hatte bei Business-Zeug einen Projektplaner gesehen – der war aber immer noch nicht das, was ich brauche. Also hab ich mir den selbst angefertigt und drucken lassen.
In diesem Büchlein habe ich die Möglichkeit, eine Skizze anzufertigen, aber auch die Materialzurichtungen, die Händler (wichtig bei Edelsteinen), die Arbeitszeit etc. zu notieren.
So – die grobe Skizze steht also fest … Es kann weiter gehen.

Die Vorbereitungen laufen
Die Fassung für den Opal wird schnell aus einem Blechstreifen gebogen, die brauche ich noch bevor ich mit dem Granulieren anfangen kann. Ich kann sie dann als Platzhalter nutzen und lege die Kügelchen nicht zu nah an den Stein. Das Blech ist auch schon aufgetieft, das heißt gewölbt. Eine gewölbte Oberfläche sieht immer spannend aus bei Granulation – finde ich 😉
Daneben steht noch ein Stück frisch geschmolzenes Stück Gold. Daraus wird der Kader – quasi der Rand für den Anhänger – angefertigt. Das aber erst später.
Es ist alles vorbereitet … Es kann an die Granulation gehen!
Ganz leicht habe ich die Größe des späteren Anhängers angezeichnet – ich muss ja wissen, wo ich granulieren kann. Damit dir keine Kügelchen verloren gehen, habe ich eine Papierunterlage unter dem Gitter mit dem Blech.
Die Kügelchen haben einen Durchmesser von nur 0,47 mm. Das ist wirklich klein!
Mit ruhiger Hand, einem dünnen Pinsel und etwas verdünntem Flußmittel beginne ich nun die Kügelchen auf das Blech zu legen. Ich habe mit
vorgenommen, dass die Granulation dem Opal nachempfunden wird. Dieser muss also immer in der Nähe liegen.
Ein freien Muster ist nicht so aufwendig und benötigt nicht so viel Konzentration wie ein geometrisches Muster. Bei geometrischen Mustern müssen die Kügelchen exakt liegen – jeder Fehler fällt sofort auf.

Granulation: Ein Muster aus Kügelchen entsteht
Nach dem Trocknen des Flußmittels kann ich anfangen zu granulieren. Das Trocknen ist ein wichtiger Schritt – meist bilden sich beim Erhitzen Blasen im Flußmittel. Das würde dazu führen, dass sich die Kügelchen vom Blech abheben und im schlimmsten Falle nicht mehr am richtigen Platz liegen.
Also lass ich das Blech gemütlich trocknen. In der Zeit kann ich schon mal eine neue Gasflasche mit einem anderen Löthandstück holen und anschließen.
Ich nutze bei der Granulation ein sogenanntes Mundlötrohr: Dabei führe ich dem Propangas den Sauerstoff durch meine Atemluft hinzu. Das ist nichts für schwache Lungen 😉 Ich muss ja gestehen, jeden Tag möchte ich damit nicht arbeiten und ziehe auch meinen Hut vor den Kollegen, die das tagtäglich machen.
So, das Flussmittel ist getrocknet, die Kügelchen liegen alle noch an ihrem Platz und das Blech ist auf dem Gitter in der Lotkreuzpinzette eingeklemmt.
Feuer frei!

Feuer frei: Das eigentliche Granulieren beginnt
Langsam mit einer ganz weichen Flamme fast ohne Sauerstoff erwärme ich das Blech – so verhindere ich, das die Kügelchen doch noch verrutschen. Sollen sie sich doch bewegen, kann ich noch einschreiten.
Jetzt kommt der für mich anstrengende Teil der Granualtion: Ich puste und puste und puste … und schnappe zwischendurch nach Luft 😉
Das Wichtigste jetzt ist, dass ich die Farbe des Goldes genau beobachte. Normalerweise löte ich mit Licht, das stört nicht. Beim Granulieren habe ich aber kaum Licht an, außer das Tageslicht, das durchs Fenster fällt. So kann ich die Farbe besser erkennen. Es kommt jetzt quasi auf jedes Grad an.

Detailaufnahme der verschweißten Kügelchen
Wenn ich der Meinung bin, dass das Trägerblech heiß genug ist, muss ich schnell mit der Flamme umschlagen – das heißt, ich muss jetzt vorsichtig alles von oben erhitzen. In dem Moment schmilzt die Oberfläche der Kugeln und des Blechs. Aber eben nur die Oberfläche. Und genau das brauche ich… Genau jetzt verschweißen sich die Kügelchen mit den Nachbarkugeln und dem Trägerblech.
Jetzt darf alles langsam abkühlen.
Spätestens nach dem Abbeizen (dem Entfernen der Oxide) erkennt man, ob das Granulieren geklappt hat. Im Zweifelsfall findet man die Kügelchen in der Beize. Das kann passieren … Sehr ärgerlich! Aber dann ärgert man sich – nicht länger als 5 Minuten – und legt die Kügelchen noch mal nach und fängt von vorne an.
Das ist diesmal aber nicht passiert – es hat alles bestens geklappt. Das Blech ist noch ein Blech und die Kugeln sind Kugeln… So soll es sein.
Nun kommt eigentlich nur der Zusammenbau:
Der Kader – also der Rahmen unter dem Anhänger – wird aus einem Blechstreifen gebogen und verlötet. Da das Trägerblech ja etwas aufgetieft ist, muss ich den Kader noch anpassen.

Der Unterbau ist angelötet
Danach kann er unter das Blech gelötet werden. Dabei muss ich natürlich auf die Kügelchen achten. Die sind zwar verschweißt, aber die Auflage einer 0,47mm großen Kugel ist nicht die Größte … Das bedeutet, wenn ich zu feste an den Kügelchen reiße, reiße ich sie vom Blech runter.
Das Löten hat auch gut geklappt. Nachdem alles abgebeizt ist, werden die Überstände noch abgesägt und verfeilt. Dann wird die Fassung für den Opal aufgelötet…

Der Anhänger ist fast fertig
Nachdem das auch geschehen ist, werden noch die beiden Löcher für die Kette angezeichnet und gebohrt.
Was muss jetzt noch gemacht werden? Nicht mehr viel – es muss noch etwas geschmirgelt und poliert werden. Dann kann der Opal vorsichtig gefasst werden. Vorsichtig? Ja, ein Opal mag das gar nicht, wenn er Spannung oder einen Schlag mit dem Punzen abbekommt.
Und das wars … Fertig ist der Anhänger =)

Der fertige Anhänger
ein wunderschönes Schmuckstück. vielen Dank für deine Einblicke, so sieht man, wie viel Arbeit hinter jedem einzelnen Stück liegt!
Danke liebe Karin!
Das freut mich sehr, dass dir der Einblick gefällt.
Ich bewundere Deine Ausdauer und Geduld. Ganz zu schweigen von Deinen ständig neuen und einfallsreichen Ideen. Das alles zusammen zeichnet wohl den guten Handwerker aus. Ein wirklich schönes und einmaliges Stuck hast Du da geschaffen und gut präsentiert. Die Entstehung ist interessant und verständlich beschrieben. BRAVO!
Danke liene Astrid,
Einmalig ist der Anhänger definitv … Nicht nur wegen der Granualtion – den Opal bekomme ich auch so nicht mehr.
Freut mich sehr, dass die Beschreibung auch verständlich ist.
Wow, vielen Dank für den Einblick ! Wieder einmal etwas gelernt ! So eine feine und tolle Arbeit, das Schmuckstück sieht wunderschön aus !
Danke dir Sabrina!
Wenn du Fragen zum Beruf des Goldschmieds oder Fragen nach einer Technik / einem Schmuckstück hast – frag mich einfach 😉
toll – nach solch einem Einblick schaut man das Schmuckstück mit ganz anderen Augen an🤗
Danke schön =)
Das freut mich sehr!
Liebe Frau von Grünberg,
ich bin begeistert, dass Sie diese Technik beherrschen + lebendig erhalten.
Ein wunderschönes, zeitgemäßes Design!
Ich wüsste gern, wie viele Stunden Sie nur für den Teil der Granulation aufbringen mussten, also Kügelchen herstellen und aufbringen?
Kann man so etwas überhaupt bezahlen… wenn man keine Oligarchen-Gattin ist – verraten Sie uns den Preis – so ungefähr?
Mit Dank vorab und den besten Grüßen
Maximiliane Troller
Hallo Frau Troller,
der Zeitaufwand kommt auf die Gestaltung des Schmuckstücks an.
Wenn ich ein regelmäßiges Muster lege dauert es um einiges Länger, als wenn ich nur ein paar Linien oder freie Muster lege. Die Kügelchen stelle ich nicht selber her. Ich hab es zwar gelernt, aber das steht wirklich in keinem Verhältnis. Außer man granuliert viel.
Leider fehlt mir im Moment die Zeit für’s Granulieren.
Der Anhänger aus dem Artikel hat es noch nicht in den Shop geschafft, aber das wird jetzt nachgeholt.
Liebe Grüße
Oh sorry, habe gerade gesehen: Sie haben einen Shop! – dann suche ich nach Granulation. Beste Grüße Maxi Troller